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🩺 · Medizinische Leitlinien

Leitlinien & Rechner für den klinischen Alltag

Medizinische Leitlinien

Wählen Sie einen Bereich für detaillierte Informationen und Rechner

Sepsis Leitlinie

S3-Leitlinie Sepsis 2025 mit Akutmaßnahmen, Bundle-Therapie, Beatmung und Rechnern

Verfügbar

Pneumonie Leitlinie

Case Map und Leitlinien für Diagnostik und Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie

Verfügbar

Antibiotikatherapie

Antiinfektiva-Leitfaden mit Therapieprinzipien, Resistenzen und TDM für rationale Antibiose

Verfügbar

Kardiologie

Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und weitere kardiologische Leitlinien

Geplant

Sepsis Definition

Sepsis: Lebensbedrohliche Organdysfunktion durch dysregulierte Wirtsantwort auf Infektion (klinischer Verdacht auf Infektion plus Organdysfunktion mit SOFA‑Anstieg ≥ 2)

Septischer Schock

Sepsis mit: Persistierender Hypotonie (Vasopressoren nötig für MAP ≥ 65 mmHg) und Laktat > 2 mmol/l trotz adäquater Flüssigkeitsgabe

Organdysfunktion (SOFA)

Respiratorisch: Hypoxämie (PaO₂/FiO₂) • Renal: Oligurie/Anurie, AKI • Neurologisch: Bewusstseinsstörung (GCS) • Hämatologisch: Thrombozytopenie • Hepatisch: Hyperbilirubinämie • Kardiovaskulär: Hypotonie, Vasopressorbedarf

Leitlinienumfang: Screening, antiinfektive Therapie, Kreislauf‑ und Beatmungstherapie, RRT, weitere Maßnahmen und Nachsorge.

Screening als Klinikstandard

Qualitätssicherungsprogramm mit Sepsis‑Screening für akut erkrankte Hochrisikopatient*innen und strukturierte SOPs vorhalten

Sofortmaßnahmen (0-15 Min)

Bei positivem Screening: Sepsis‑Alarm (interdisziplinäres Team), Monitoring (EKG, SpO₂, RR, ggf. A‑Kanal), 2 großlumige i.v.-Zugänge, Blutentnahme inkl. Laktat/BGA, Laktat seriell zur Verlaufskontrolle

Screening‑Instrumente

Außerhalb der ITS: Bei Verdacht auf Infektion regelmäßig screenen mit NEWS2/MEWS (qSOFA allein ist nicht empfohlen). Laktatmessung bei Sepsisverdacht. Sofort ärztliche Eskalation bei Auffälligkeit.

ℹ️ NEWS2 ≥ 5 oder Einzelparameter ≥ 3: Sepsisverdacht

NEWS2 (National Early Warning Score 2)

Parameter 3 2 1 0 1 2 3
AF (/min) ≤8 9-11 12-20 21-24 25-30 31-40 ≥41
SpO₂ (%) ≤83 84-85 86-87 ≥88 93-94 (O₂) 91-92 (O₂) ≤90 (O₂)
RR syst. (mmHg) ≤70 71-80 81-100 101-199 200-219 220-239 ≥240
Puls (/min) ≤40 41-50 51-90 91-110 111-130 131-150 ≥151
Bewusstsein - - - Wach - - Verändert
Temperatur (°C) ≤35.0 - 35.1-36.0 36.1-38.0 38.1-39.0 ≥39.1 -
Bedside-Diagnostik: Blutgasanalyse kann bettseitig durchgeführt werden für schnelle Ergebnisse.

T = 0–15 Min – Sofortmaßnahmen

Alarmieren, Monitoring, 2 i.v. Zugänge, Laktat/Blutgas, Grundlabore (BB, CRP, PCT), Blutkulturen ≥ 2 Sets, Fokusproben, 250–500 ml Kristalloid‑Bolus (wiederholt nach Dynamik), O₂ (Ziel SpO₂ 92–96 %), frühe Bildgebung/Fokussuche

⚠️ Blutkulturen VOR Antibiotika – aber Therapie nicht verzögern!

T = 15–60 Min – Zeitkritisches Bündel

Bei septischem Schock (≤ 1h): i.v. Antibiotika so schnell wie möglich, Blutkulturen vor ABX – aber nicht verzögern! Flüssigkeitsresuscitation (balancierte Kristalloide), Noradrenalin früh (peripher möglich), Ziel‑MAP ≥ 65 mmHg, invasive RR‑Messung früh

⏱️ Goldene Stunde: Antibiotika bei Schock innerhalb 60 Min!

T = 1–3 h – Sepsis ohne Schock

Zügige weitere Diagnostik (Bildgebung/Labore), Fokusdiagnostik intensivieren, Antibiotika innerhalb von 3 Stunden, kontinuierliche Reevaluation

ℹ️ Ohne Schock: 3h-Fenster für Antibiotika nach Diagnostik
Wichtig: 1‑h‑Fenster beim Schock, periphere Vasopressor-Gabe zulässig, MAP‑Ziel 65 mmHg.

Initiale Volumentherapie

Start mit ~30 ml/kg Kristalloiden in ersten 3h, danach keine starre "Gießkanne". Engmaschige Re‑Evaluation nach initialem Bolus, Flüssigkeit nur bei Zeichen der Hypoperfusion fortsetzen.

💧 Richtwert: 30 ml/kg in ersten 3h, dann nach Bedarf

Steuerung und Ziele

Dynamische Parameter bevorzugen: Passiver Beinhebetest, Schlagvolumen‑/Pulse‑Pressure‑Variation, Rekapillarisierungszeit. Laktat‑guided Strategie hilfreich.

Flüssigkeitsarten

Balancierte Kristalloide als Standard. Gelatine NICHT anwenden. Albumin additiv bei sehr großen Volumina erwägen.

Gelatine ist kontraindiziert!

Vasopressoren & Inotropika

Noradrenalin First‑Line, frühe Gabe (auch peripher, großlumig/proximal), MAP‑Ziel initial 65 mmHg. Vasopressin als Add‑on wenn NE nicht reicht. Terlipressin nicht einsetzen. Steroide: Hydrokortison 200 mg/d bei anhaltendem Vasopressorbedarf.

Noradrenalin peripher nur kurzzeitig, großlumig/proximal!

Zeitfenster

Schock: i.v. Antiinfektiva ≤ 1 h • Sepsis ohne Schock: nach Diagnostik ≤ 3 h

Bei Schock: Jede Stunde Verzögerung erhöht Mortalität um 7,6%!

Auswahl & Applikation

Breit genug starten für wahrscheinliche Erreger, Fokushypothese und Risikofaktoren (MRE) berücksichtigen. Beta‑Laktame: prolongierte/kontinuierliche Infusion, TDM bei enger therapeutischer Breite. Keine routinemäßige "double gram‑negative coverage".

ℹ️ Die mikrobiologische Diagnostik sollte möglichst vor Einleitung einer antibiotischen Therapie erfolgen!

De‑eskalation & Dauer

Tägliche Re‑Evaluation, Fokussierung/De‑eskalation bei Erregernachweis, Kombi → Monotherapie wenn möglich. Procalcitonin zur Dauerbegrenzung nutzen.

⚠️ Die Sepsis ist eine schwere Erkrankung – der Beginn einer (antibiotischen) Therapie sollte durch die Diagnostik nicht verzögert werden!

Fokuskontrolle (Source Control)

Zeitnah fachärztlich prüfen und früh umsetzen wenn indiziert: Drainage, Entfernung infizierter Fremdkörper, Chirurgie

🔧 Source Control ist oft entscheidend für den Therapieerfolg

Invasive Beatmung & ARDS

Tidalvolumen ≈ 6 ml/kg IBW (4–8 ml/kg), Driving Pressure ≤ 14 cmH₂O, PEEP individuell einstellen, SpO₂‑Ziel 92–96 % (paO₂ 70–90 mmHg)

🫁 Lungenprotektive Beatmung reduziert Mortalität

Nichtinvasive Unterstützung

NIV/CPAP/HFNO bei milder–moderater Hypoxämie, PaO₂/FiO₂ 100–300 primär möglich. Bauchlagerung bei schwerem ARDS früh und ≥ 12–16 h/d

💨 HFNO kann Intubation oft vermeiden

Rekrutierung & ECMO

Keine prolongierten RM (> 60 s), kurze RM nicht routinemäßig. V‑v‑ECMO: erst nach konservativen Maßnahmen, V‑a‑ECMO beim Schock nicht empfohlen

🩸 Blutprodukte

  • Erythrozyten: Hb < 7,0 g/dl oder physiologische Kriterien
  • Restriktive Strategie ist Standard
  • Plasma: nicht zur Volumentherapie
  • Thrombozyten: bei Blutung oder < 10.000/µl

🛡 Prophylaxen

  • VTE: NMH bevorzugt
  • Blutzucker: Insulin ab ≥ 180 mg/dl
  • Stressulkus: PPI bei Risikofaktoren
  • Delir: Regelmäßiges Screening

🏥 Nierenersatztherapie (RRT)

  • Sofortiger Start bei lebensbedrohlichen Störungen
  • CRRT oder konvektive/diffusive Verfahren gleichwertig
  • Dosis: 20–25 ml/kg/h (mittlere Dosis)
  • Keine "high‑volume"‑Hämofiltration
Nicht empfohlen: i.v. Immunglobuline, hochdosiertes Vitamin C, EPO bringen keinen belegten Nutzen.
0-15 Min

Sofortmaßnahmen

Alarmieren, Monitoring, 2 i.v. Zugänge, Laktat/Blutgas, Grundlabore, Blutkulturen ≥ 2 Sets, 250–500 ml Kristalloid‑Bolus, O₂ (SpO₂ 92–96 %), Bildgebung/Fokussuche

15-60 Min

Antibiotika & Kreislauf

Antibiotika: Schock ≤ 1h, ohne Schock ≤ 3h. Beta‑Laktam Bolus → verlängerte Infusion. Noradrenalin bei Hypotonie (peripher möglich). Ziel‑MAP 65 mmHg, invasive RR‑Messung

1-3 h

Fokuskontrolle & Vasopressoren

Fokuskontrolle planen (Drainage, OP, Katheter), Vasopressin add‑on wenn NE nicht reicht, Steroid bei anhaltendem Vasopressorbedarf

3-6 h

Monitoring & Beatmung

Laktat‑Kontrolle, Fluid‑Responsivität prüfen, Beatmungsstrategie per ARDS‑Schema, NIV/HFNO bei geeigneten Patient*innen

6-24 h

De-eskalation & Prophylaxen

De‑eskalation täglich planen, PCT zur Dauerbegrenzung nutzen, Prophylaxen (VTE, Stressulkus), Glukose‑Ziel, Transfusionsstrategie restriktiv

Flüssigkeit (30 ml/kg)

2100 ml

Laktat‑Clearance

Δ: -1.2 mmol/l Clearance: 30%

MAP‑Ziel

Ziel: 65 mmHg Δ zu 65: 7 mmHg

IBW & Tidalvolumen

IBW: kg VT 6 ml/kg: ml VT 4–8 ml/kg: ml

Hinweis: Diese Rechner dienen der Orientierung. Klinische Beurteilung, lokale ABS‑Standards und individuelle Faktoren sind maßgeblich.

Behandlungsziele

Innerhalb von 72h Behandlungsziele klären, frühzeitige strukturierte Kommunikation mit Patient*in/Angehörigen, Palliativversorgung erwägen wenn angezeigt

Sepsis‑Überlebende

Im Entlassbrief auf PICS‑Risiko hinweisen: Delir und kognitive Einschränkungen, CIP/CIM (Critical Illness Polyneuropathy/Myopathy), psychische Folgen (PTSD, Depression), Selbsthilfe‑Angebote informieren

QS‑Kernpunkte

T0 dokumentieren: Screening positiv/Sepsisverdacht • Laktat (BGA), Blutkulturen vor erster ABX‑Gabe • Startzeiten: ABX, Volumen, Vasopressor • Zeitpunkt MAP ≥ 65 mmHg erreicht • Source‑Control (Art/Zeit)

Quellen & Hinweise

S3‑Leitlinie Sepsis – Update 2025 (AWMF 079‑001) • QS‑Sepsis (G‑BA / IQTIG) – Start 01.01.2026

Diese App ersetzt nicht die ärztliche Beurteilung und lokale SOPs.

Version: 1.0.5
Datenschutz: Keine Speicherung personenbezogener Daten, alles läuft lokal im Browser.

🫁 Pneumonie-Klassifikation

CAP = Ambulant erworbene Pneumonie immunkompetenter Patienten

NHAP = Ambulant erworbene Pneumonie im Pflegeheim

HAP = Nosokomial erworbene Pneumonie: Auftreten > 48 h nach Krankenhausaufnahme oder stationärer Aufenthalt in den letzten 3 Monate, immunkompetenter Patient

🏥 Klassifikation bestimmt Erregerverteilung und Therapie

⚠️ Pneumonie unter schwerer Immunsuppression

Vorliegen eines der folgenden Kriterien:

  • Neutropenie: < 1000 /µL Neutrophile
  • Iatrogen-medikamentöse Immunsuppression: z.B. systemische Steroide (≥ 20 mg Prednison bzw. Äquivalent täglich über ≥14 Tage oder kumulative Dosis von > 700 mg)
  • Transplantation: solider Organe, Stammzelltransplantation
  • HIV-Infektion: bzw. CD4 < 200/ µL
  • Immundefekte: Antikörpermangelsyndrome, angeborene Immundefekte
  • Hämatologische Erkrankung: aktive hämatologische Erkrankung mit assoziierter schwerer Immunsuppression
🚨 Immunsuppression erfordert erweiterte Diagnostik und Therapie

📋 Klinische Präsentation

Typisch: Husten (produktiv/trocken), Fieber, Schüttelfrost, Dyspnoe, pleuritische Brustschmerzen

Atypisch (besonders ältere Patienten): Verwirrtheit, Tachypnoe, Tachykardie ohne Fieber

⚠️ Bei älteren Patienten oft atypische Präsentation ohne Fieber!

🦠 Erregerverteilung

CAP - Häufigste Erreger:

  • Streptococcus pneumoniae (häufigster bakterieller Erreger)
  • Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis
  • Atypische Erreger: Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae, Legionella pneumophila
  • Virale Erreger: Influenza, RSV, SARS-CoV-2, Parainfluenza

HAP/NHAP - Erweiterte Erreger:

  • Enterobakterien: E. coli, Klebsiella spp.
  • Pseudomonas aeruginosa (bei Risikofaktoren)
  • Staphylococcus aureus (inkl. MRSA)

🩺 Standarddiagnostik bei Pneumonieverdacht

  • Labor, inkl. PCT und gr. BB
  • 2 Paar Blutkulturen (bei Sepsis 3) aus mind. 2 Abnahmestellen
  • Vitalparameter (inkl. AF)
  • EKG
  • Kapilläre BGA, inkl. Laktat
  • Röntgen-Thorax (ideal: 2 Ebenen)
  • Urin-Antigentest auf Legionellen und Pneumokokken
  • Falls mögl.: adäquate Sputumprobe
🚨 Blutkulturen vor Antibiotika - aber Therapie nicht verzögern!

🦠 Erregerdiagnostik während der Saison

  • Schnelltest auf RSV/COVID/Influenza (während der Saison)
  • Influenza/COVID-19/RSV-PCR (während der Saison)
Saisonale Erreger immer bei respiratorischen Symptomen testen

📊 Laborparameter-Details

Procalcitonin (PCT):

  • < 0,1 ng/ml: Bakterielle Infektion unwahrscheinlich
  • 0,1-0,25 ng/ml: Bakterielle Infektion möglich
  • 0,25-0,5 ng/ml: Bakterielle Infektion wahrscheinlich
  • > 0,5 ng/ml: Bakterielle Infektion sehr wahrscheinlich

CRP-Verlauf: Wichtiger für Therapiekontrolle als Absolutwert

📈 PCT hilft bei Therapiedauer und Antibiotika-Steuerung

🔬 Erweiterte Diagnostik

Bildgebung:

  • Röntgen-Thorax: Standard, 2 Ebenen bevorzugt
  • CT-Thorax: Bei komplizierten Verläufen, Abszessverdacht
  • Sono-Thorax: Pleuraerguss, Konsolidierungen

Zusatzdiagnostik bei schwerem Verlauf:

  • Legionella-Urin-Antigen: Besonders bei schwerer CAP
  • Pneumokokken-Urin-Antigen: Schnelle Diagnose möglich
  • Sputum-Gram-Färbung und Kultur: Bei produktivem Husten
  • Molekulardiagnostik: Multiplex-PCR bei atypischen Erregern
⚠️ Erweiterte Diagnostik nicht verzögern, wenn Therapiebeginn kritisch

CRB-65 Score (ambulant)

Kriterien (je 1 Punkt): Confusion (Verwirrtheit), Respiratory rate ≥ 30/min, Blood pressure < 90 mmHg syst. oder ≤ 60 mmHg diast., Age ≥ 65 Jahre

0 Punkte: Ambulante Behandlung möglich • 1-2 Punkte: Stationäre Behandlung erwägen • ≥ 3 Punkte: Intensivtherapie prüfen

CURB-65 Score (stationär)

Zusätzlich zu CRB-65: Urea > 7 mmol/l (> 42 mg/dl)

0-1 Punkte: Niedrige Mortalität (< 3%) • 2 Punkte: Mittlere Mortalität (9%) • ≥ 3 Punkte: Hohe Mortalität (15-40%)

Behandlungsort

Ambulant: CRB-65 = 0, keine Risikofaktoren • Stationär: CRB-65 ≥ 1, Komorbidität, soziale Indikation • Intensiv: Schwere CAP, Organversagen, CURB-65 ≥ 3

Immunsuppression erhöht Risiko erheblich!

💊 Allgemeine Therapieprinzipien

  • Antibiose in Abhängigkeit CAP vs. HAP unter Berücksichtigung von Schwergrad, Immunsuppression und Risikofaktoren (MRGN, MRSA)
  • Mikrobiologische Vorbefunde berücksichtigen
  • Erstgabe erfolgt in ZNA unabhängig von Nierenfunktion
  • Innerhalb 1h bei Sepsis
  • Begleitmaßnahmen: Inhalation, Thromboseprophylaxe
  • Sauerstoff in Abhängigkeit Sättigung bzw. pO₂ (beachte Hyperkapnierisiko bei COPD, OSAS)
Bei Sepsis: Antibiotika innerhalb 1 Stunde!

🎯 Antibiotika-Schema

Indikation 1. Wahl Penicillin-Allergie*
CAP Ampicillin/Sulbactam 2/1 g i.v. 3x täglich
+ Azithromycin 500 mg 1x täglich
Levofloxacin 500 mg i.v. 2x täglich
Schwere CAP
oder Risiko für Pseudomonas
Piperacillin/Tazobactam 4,5 g i.v. 3x bzw. 4x täglich
+ Azithromycin 500 mg 1x täglich
Meropenem 1 g i.v. 3x täglich (Loading-Dose 2 g)
+ Azithromycin 500 mg 1x täglich
HAP Piperacillin/Tazobactam 4,5 g i.v. 4x täglich Meropenem 1 g i.v. 3x täglich (Loading-Dose 2 g)
HAP mit 3MRGN/4MRGN Meropenem 1 g i.v. 3x täglich (Loading-Dose 2 g)
HAP mit MRSA Meropenem 1 g i.v. 3x täglich (Loading-Dose 2 g)
+ Linezolid 600 mg i.v. 2x täglich
*Penicillin-Allergie: Bei Anamnese einer Typ-I-Allergie (Soforttyp) auf Penicillin. Bei unklarer Allergieanamnese kann Testung erwogen werden.

⏱️ Therapiedauer & Monitoring

  • Standard-Therapiedauer: 5-7 Tage bei unkomplizierter CAP
  • PCT-guided Therapy: Therapiebeendigung bei PCT < 0,1 ng/ml oder 80% Abfall vom Peak
  • Klinische Kriterien: Fieberfrei > 24h, stabile Vitalzeichen, orale Nahrungsaufnahme
  • De-Eskalation: Nach Antibiogramm auf schmalstes wirksames Spektrum
📊 PCT-Verlauf hilft bei Therapiedauer-Entscheidung

📋 Ärztliche Weiterbetreuung auf Station

  • Vervollständigung Anamnese inkl. Risikofaktoren, körperliche Untersuchung
  • Ggf. erweiterte Diagnostik in Abhängigkeit bei schwerem und kompliziertem Verlauf bzw. bei abklärungsbedürftigem Befund im Rö-Thorax in Rücksprache CÄin/OA/OÄin
  • BGA-Verlaufskontrollen:
    • Bei Oxygenierungsstörung mit Laktaterhöhung
    • Bei bekannter COPD aufgrund des erhöhten Risikos einer ventilatorischen Insuffizienz
  • Verlaufskontrolle Labor (MP-Profil, ggf. inkl. PCT) nach 48-72 h
  • Ggf. Umstellung Antibiose in Abhängigkeit Labor, Klinik, mikrobiologischen Befunden

⚠️ Assessment möglicher Komplikationen

Regelmäßiges Assessment:

  • Komplizierter parapneumonischer Erguss bzw. Empyem (anhaltend pleuritische Beschwerden)
  • Abszess
  • Kardial: Herzrhythmusstörungen, Myokardischämien, Herzinsuffizienz
  • Zerebrovaskuläre Ereignisse
🔍 Komplikationen frühzeitig erkennen und behandeln

📅 Therapiedauer & Entlassung

  • Evaluation der Therapiedauer und des Entlassdatums in Abhängigkeit von:
    • Krankheitsschwere
    • CRB65-Score
    • Komorbiditäten
    • Labor
    • Fehlendem Sauerstoffbedarf
    (ggf. in Rücksprache CÄin/OA/OÄin)
  • Tägliche Anpassung Sauerstoffzufuhr in Abhängigkeit der Sättigung bzw. BGA

💊 Medikamenten-Monitoring

  • Täglich EKG unter Therapie mit Azithromycin (insb. QTc-Zeit und Herzrhythmusstörungen)
  • Beendigung Azithromycin nach 3 Tage, wenn AG auf Legionellen negativ und kein weiterer Hinweis auf atypische Erreger
  • Lungenfunktion am Vortag der Entlassung
📊 Azithromycin: QTc-Monitoring obligat, max. 3 Tage bei negativer Legionellen-Diagnostik

📥 Aufnahmetag - Pflegerische Aufgaben

  • Pflegeanamnese
  • Pflegeplanung
  • Pflegemaßnahmen mit Pat. besprechen
  • Dekubitusprophylaxe
  • Sturzrisikoerfassung
  • Barthel-Index erheben
  • Sozialdienstanforderung
Strukturierte Aufnahme für optimale Patientenversorgung

👀 Überwachung auf Station

Kontinuierliche Überwachung:

  • Kontrolle Vitalzeichen, Atemfrequenz, Sättigung
  • Temperatur

Kost:

  • Normalkost bzw. Kost aus Pflegeüberleitungsbogen
  • Ausnahme: Orale Karenz bei Aspirationspneumonie
  • Beginn parenterale Ernährung in Rücksprache AA/AÄin unter Beachtung Refeeding-Risiko und Prophylaxe
  • Einschaltung Ernährungsteam und Logopädie

📅 Weitere Tage - Verlaufsbeobachtung

Überwachung auf Station:

  • 2x täglich Kontrolle: Vitalzeichen, Atemfrequenz, periphere Sättigung, Temperatur
  • Bei kritisch Kranken: Häufigere Kontrollen
  • Bei Hyperkapnie in BGA (pCO₂ > 45 mmHg): Tägliche Verlaufskontrolle

Respiratory Care:

  • Triflow ans Bett: Einweisung des Pat. + Anhalten zum eigenständigen Üben mind. 5x/Tag
  • Inhalationstherapie durchführen bzw. Einweisung Pat. (3x täglich)
  • Überwachung und Anpassung Sauerstoffzufuhr:
    • COPD: Zielsättigung 88-92%
    • Alle anderen: 92-95%
🫁 COPD-Patienten: Vorsicht vor CO₂-Retention bei zu hoher O₂-Gabe!

🏠 Entlasstag

  • Vitalzeichenkontrollen (inkl. Atemfrequenz und periphere Sättigung)
  • Entlassmedikation besprechen
  • Nachkontrolltermine vereinbaren
  • Aufklärung über Warnsymptome
  • Pneumokokken-Impfung empfehlen (falls nicht vorhanden)
🏠 Strukturierte Entlassung mit klaren Nachsorgeanweisungen

CRB-65 Score

Score: 0 Punkte Ambulante Behandlung möglich

CURB-65 Score

Score: 0 Punkte Mortalität: < 3%

Hinweis: Diese Rechner dienen der Orientierung. Klinische Beurteilung und individuelle Faktoren sind maßgeblich.

Verlaufskontrolle

Klinisch: Fieber, Dyspnoe, Husten, Allgemeinzustand • Labor: CRP-Verlauf, Leukozyten • Radiologisch: Nur bei Komplikationen oder Therapieversagen

📈 Klinische Besserung meist vor radiologischer Aufklärung

Therapieversagen

Definition: Keine Besserung nach 48-72h oder Verschlechterung • Ursachen: Resistenz, atypische Erreger, Komplikationen • Vorgehen: Erregerdiagnostik, Therapieänderung

🔄 Bei Therapieversagen Behandlungsort überdenken

Nachsorge & Prävention

Nachkontrolle: 4-6 Wochen nach Therapieende • Impfungen: Pneumokokken, Influenza • Risikofaktoren: Rauchen, COPD behandeln

💉 Pneumokokken-Impfung reduziert Rezidivrisiko erheblich

🦠 Antiinfektiva-Leitfaden

Ziel: Rationale Antibiotikatherapie zur Verbesserung der Patientenversorgung und Reduktion von Resistenzentwicklungen

ℹ️ Leitfaden basiert auf aktuellen AWMF-Leitlinien und klinischer Erfahrung

⚖️ Allgemeine Prinzipien

  • Indikation: Strenge Indikationsstellung für Antibiotika
  • Diagnostik: Erregerdiagnostik vor Therapiebeginn wenn möglich
  • Zielgerichtet: Fokussierte Therapie nach Antibiogramm
  • De-Eskalation: Spektrum einengen sobald möglich
  • Dauer: So kurz wie möglich, so lange wie nötig

🎯 Dosierungsprinzipien

  • Zeitabhängig: Beta-Laktame - Hohe Frequenz/kontinuierlich
  • Konzentrationsabhängig: Aminoglykoside, Fluorchinolone - Hohe Einzeldosis
  • AUC-abhängig: Vancomycin, Lincomycin - Ziel-AUC erreichen
  • Gewebepenetration: Liquor, Knochen, Prostata beachten

📊 Antibiogramm-Interpretation

S: Sensibel/empfindlich • I: Intermediär/mäßig empfindlich • R: Resistent

⚠️ Bei "I" erhöhte Dosierung oder alternative Substanz erwägen

🔄 Lade strukturierte Therapieempfehlungen...

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💡 Diese Sektion wird durch den Therapy-Navigator ersetzt

🛡️ Multiresistente Erreger (MRE)

Häufige MRE:

  • MRSA: Methicillin-resistenter Staph. aureus ➜ Vancomycin, Linezolid
  • VRE: Vancomycin-resistente Enterokokken ➜ Linezolid, Daptomycin
  • ESBL: Extended Spectrum Beta-Lactamase ➜ Carbapeneme
  • 3MRGN/4MRGN: Multiresistente gramnegative Bakterien
  • CRE: Carbapenem-resistente Enterobacteriaceae ➜ Polymyxin, Tigecyclin
🚨 Bei MRE-Verdacht sofort Hygienemaßnahmen und Infektiologie konsultieren

🔬 Resistenzmechanismen

  • Beta-Laktamasen: Spaltung von Penicillinen/Cephalosporinen
  • Efflux-Pumpen: Aktiver Transport aus der Zelle
  • Target-Modifikation: Veränderung der Zielstruktur
  • Permeabilitätsverlust: Verminderte Aufnahme

🏥 Krankenhaushygiene

  • Isolierung: Kontakt-/Tröpfchenisolierung bei MRE
  • Händedesinfektion: Wichtigste Maßnahme zur Übertragungsprävention
  • Screening: Aufnahme-Screening bei Risikopatienten
  • Antibiotic Stewardship: Rational use of antibiotics

🔪 Perioperative Prophylaxe

Ziel: Prävention postoperativer Wundinfektionen

  • Timing: 30-60 Min vor Hautschnitt
  • Dauer: Meist Einmalgabe, max. 24h
  • Standard: Cefazolin 2g i.v. (bei Allergie: Clindamycin)
  • MRSA-Risiko: + Vancomycin erwägen
Wiederholung bei langen Eingriffen (> 2x Halbwertszeit)

🫀 Endokarditisprophylaxe

Nur bei Hochrisikopatienten:

  • Kunstklappenträger
  • Endokarditis in der Anamnese
  • Angeborene zyanotische Herzfehler
  • Herztransplantation mit Klappeninsuffizienz

Standard: Amoxicillin 2g p.o. 1h vor Eingriff

🦴 Gelenkprothesen-Prophylaxe

Empfohlen bei: Zahnärztlichen Eingriffen in den ersten 2 Jahren nach Implantation

  • Standard: Amoxicillin/Clavulansäure 2,2g p.o.
  • Bei Allergie: Clindamycin 600mg p.o.

🩺 Weitere Prophylaxen

  • Reiseprophylaxe: Malaria, Traveler's Diarrhea
  • Pneumocystis: Trimethoprim/Sulfamethoxazol bei Immunsuppression
  • Meningokokken: Nach Exposition (Rifampicin, Ciprofloxacin)

📈 Therapeutic Drug Monitoring (TDM)

Ziel: Optimierung der Wirksamkeit bei minimalen Nebenwirkungen

🎯 TDM besonders wichtig bei enger therapeutischer Breite

💊 TDM-pflichtige Antibiotika

  • Vancomycin: Talspiegel 15-20 mg/l (schwere Infektionen)
  • Aminoglykoside: Einmalspiegelkonzept
  • Linezolid: Talspiegel 2-7 mg/l
  • Voriconazol: Talspiegel 1-5,5 mg/l

⏱️ Abnahmezeitpunkte

  • Talspiegel: Unmittelbar vor nächster Gabe
  • Spitzenspiegel: 1h nach Ende der Infusion
  • Steady State: Nach 5 Halbwertszeiten erreicht
  • Kontrolle: Bei Dosisänderung, Nieren-/Leberfunktionsstörung

⚠️ Dosisanpassung

Niereninsuffizienz: Meist Dosisreduktion oder Intervallverlängerung erforderlich

Leberinsuffizienz: Bei hepatischer Elimination reduzieren

📞 Bei komplexen Fällen Pharmakologen/Infektiologen konsultieren

📚 Wichtige Leitlinien

  • AWMF: Deutsche Leitlinien (S1-S3)
  • IDSA: Infectious Diseases Society of America
  • ESCMID: European Society of Clinical Microbiology
  • Paul-Ehrlich-Gesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Infektionstherapie

🏥 Institutional Guidelines

  • Lokale ABS-Programme: Antibiotic Stewardship
  • Krankenhaus-Antibiogramm: Resistenzstatistiken
  • SOPs: Standard Operating Procedures
  • Konsiliardienst: Infektiologie bei komplexen Fällen
🤝 Enge Zusammenarbeit mit Mikrobiologie und Infektiologie

📊 Evidenzgrade

  • Grad A: Starke Empfehlung (RCTs, Metaanalysen)
  • Grad B: Empfehlung (gut durchgeführte Studien)
  • Grad C: Schwache Empfehlung (Expertenmeinung)

🔄 Updates & Revision

Regelmäßige Überprüfung: Leitlinien werden kontinuierlich an neue Evidenz angepasst

📅 Immer aktuelle Version der Leitlinien verwenden